Thilo von Trotha: „…Bitten an alle, die in meiner Nähe sind, sollte ich noch einmal in meinem Leben für Verrückt gehalten werden:“
1. ‘Getraut Euch nicht, in das ‘fremdartige Uhrwerk’ einzugreifen, auch wenn es ‘nicht richtig tickt’! (…)
2. Vermeidet unter allen Umständen auch nur den geringfügigsten Kontakt mit der Psychiatrie und zwar in allen (…) Varianten! (…) Deshalb:
3. Bleibt so viel wie irgend möglich bei mir, physisch anwesend und persönlich erreichbar!
4. Überschreitet dabei aber niemals die Grenzen Eurer eigenen Belastbarkeit! (…)
5. Wenn die Zwangseinweisung trotz eurer Zurückhaltung nicht vermieden werden konnte, achtet darauf, daß die
Verfügungen für diesen Fall, die ich in meinem Psychiatrischen Testament niedergelegt habe (…), eingehalten werden. Ich bitte Euch darum zu respektieren, daß ich ohne Ausnahme lieber physischen Zwang (Einsperrung, Fixierung, selbst Schlägen und anderen Formen körperlicher Disziplinierung) ausgesetzt sein will, als auch nur ein Milligramm irgendeines Neuroleptikums zu schlucken, selbst wenn Ihr diese Haltung nicht teilt und vielleicht sogar darunter (mit-)leidet.
6. Wenn ihr könnt, versucht mich rauszuholen und bedenkt dabei, daß jeder Ort (…) mir bessere Überlebenschancen und größerer Aussichten bietet, mein außerordentliches Gebaren wieder nachvollziehbaren Regeln anzugleichen, als eine Irrenanstalt, und sei sie noch so ‘fortschrittlich’, ‘human’ oder ‘offen’.
7. Auch wenn ich fremd oder verwirrt auf Euch wirken sollte, versucht nicht, Euch zu verstellen, auch nicht in bester Absicht, sondern reagiert, wie ich es von Euch gewohnt bin! (…) Ihr werdet mich in einem solchen Moment nicht begreifen. Laßt Euch davon nicht allzusehr irritieren! (…)
8. Dennoch bitte ich Euch, mir zu helfen, wenn ihr bemerkt, daß ich in meinem Leben (…) ein nur schwer wieder zu ordnendes Chaos anrichte. Versucht mich in einem solchen Fall (…) von diesen Bereichen fernzuhalten und mich zu überreden, an einem ruhigen Ort den Lauf der Dinge erst einmal abzuwarten. Mir ist bewußt, daß dieser Wunsch in Widerspruch zu der zuvor geäußerten siebten Bitte geraten kann. Doch läßt sich nicht alles hypothetisch regeln, so daß ich keinen Weg sehe, dieses Dilemma prinzipiell zu vermeiden.
9. Am Selbstmord möchte ich gehindert werden, notfalls auch mit Gewalt. Doch bildet diese Situation einer ‘Selbstgefährdung’ das klassische Alibi für alle psychiatrischen Zwangsmaßnahmen. Deshalb bitte ich Euch darum, auch dann niemals die Psychiatrie einzuschalten, wenn Ihr den Eindruck gewonnen habt, ich könnte meinem Leben ein Ende setzen. (…)
10. Vertraut darauf, daß die verrückte Phase in meinem Leben – wahrscheinlich früher als ihr denkt – abklingen wird!(…)
11. Es könnte sein, daß ich in einer Zeit, in der das, was ich sage und unternehme, ungewöhnlich, zusammenhanglos oder übertrieben wirkt, auf ebenso verrückte Weise produktiv bin.(…) Bewahrt diese Zeugnisse für mich auf, da sie später zu Schlüsseln für die Rekonstruktion und Verarbeitung des wahnsinnigen Erlebens werden können!
12. Seht in mir nicht einen Kranken, der einen Rückfall erleidet, sondern jemanden, der aus zwingenden, wenn auch nicht unbedingt offensichtlichen Gründen genötigt ist, seine Position zu den anderen und zu sich selbst in ein neues Verhältnis zu verrücken!“ (43ff)
aus: http://www.irrenoffensive.de/Frank/05antipsy.htm
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