Stimmungsmache gegen Psychotherapeuten
BPTK aktuell: FAZ zieht falsche Schlüsse zur Arbeitszeit von Psychotherapeuten
In ihrem Artikel „Halbtagspraxen auf Kosten psychisch Kranker“ vom 28. Juli 2014 zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) aus unveröffentlichten Berechnungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die zeigen sollen, dass zwei Drittel der Psychotherapeuten ihre Praxis in weniger als der Hälfe der Zeit für Kassenpatienten offen halten. Die FAZ behauptet, dass diese Zahlen „frei von Einschätzungen und Vermutungen“ seien.
Die Aussagen basieren auf den mit der KBV abgerechneten Honoraren für Psychotherapeuten. Sie beziehen sich daher auf die sogenannte „Patientenzeit“, die Zeit also, die Psychotherapeuten in direktem Kontakt mit Patienten verbringen und die vergütet wird. Ob ein niedergelassener Psychotherapeut seinem Versorgungsauftrag erfüllt, bemisst sich aber nicht allein an der Anzahl der durchgeführten Therapiesitzungen, sondern an seiner Gesamtarbeitszeit.
Die „Patientenzeit“ macht nur einen Teil der Arbeitszeit von Psychotherapeuten aus. Mindestens ein Drittel der Arbeitszeit ist für weitere Aufgaben und Verpflichtungen wie Dokumentation, Anträge, Abrechnungen und Praxismanagement erforderlich. Hinzu kommen Tätigkeiten zur Gewährleistung der Qualität von erbrachten Leistungen wie zum Beispiel Supervision, Qualitätszirkel und Fortbildung. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Psychotherapeuten demnach insgesamt durchschnittlich 37 bis 43 Stunden pro Woche arbeiten [1]. Sie arbeiten damit etwa doppelt so lange, wie in den Bundesmantelverträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung als reine Sprechzeit (20 Stunden) vereinbart ist [2]. Sie erfüllen also – entgegen der Behauptung der FAZ – mehrheitlich ihren Versorgungsauftrag. Die KBV selbst hat 2011 festgestellt, dass nur 3,1 Prozent der Psychotherapeuten ihren Versorgungsauftrag nicht erfüllen [3].
Durch die unkritische Berufung der FAZ auf die Daten der KBV werden Psychotherapeuten unberechtigterweise beschuldigt, ihrem Versorgungsauftrag nicht zu erfüllen und damit für die langen Wartezeiten verantwortlich zu sein. Solch eine Falschaussage ist schädlich – nicht nur für die Berufsgruppe der Psychotherapeuten, sondern auch für psychisch Kranke, die Hilfe suchen. Es wird eine Berufsgruppe diskreditiert, mit dem Ziel, von einem Systemversagen im Bereich der ambulanten Versorgung psychisch Kranker abzulenken. Damit ist jedoch all denjenigen psychisch Kranken, die auf einen Therapieplatz warten, nicht geholfen.
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